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Wege aus dem Haifischbecken

71 Filialen, 107,5 Millionen Euro – damit kann man in Deutschlands Handelslandschaft gut leben. Konsum Leipzig beweist es. Petra Schumann, Vorstandssprecherin der Konsumgenossenschaft und ihr Verkaufsleiter Marcel Bork zu Aktionspreisen, Werten und Online-Erfahrungen.

Petra Schumann
Petra Schumann, Vorstandssprecherin: "Die Beziehung unserer Mitarbeiter in den Filialen zu unseren Kunden ist erfolgsentscheidend."; Foto: Christiane Eisler
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Von Klaus Mehler

Frau Schumann, Ihr Unternehmens-Grundsatz „Werte, Wertschätzung, Wertschöpfung“ klingt idyllisch. Wie sieht die Realität in Ihrem täglichen Geschäft aus?
Schumann: Wir sind eine Konsumgenossenschaft mit 34 000 Mitgliedern, die Anteile gezeichnet haben. Unsere Aufgabe ist es, dieses Eigentum zu mehren. In einem Haifischbecken haben wir allerdings dauerhaft nur dann eine Chance, wenn wir uns auf Lebensmittel fokussieren und dabei kompromisslos eine frischebetonte Qualitätsstrategie ­leben. Das tun wir täglich konsequent – in der Kommunikation mit unseren Mitarbeitern, in der Gestaltung unserer Filialen und unserer Werbeträger hin zu den ­Kunden. 

Wie sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter und Lieferanten für Ihre ganzheitliche Qualitätsstrategie? 

Schumann: Indem wir unsere eigene Qualitätsstrategie regelmäßig in den Köpfen aller Beteiligten auffrischen. Wir haben so zum Beispiel im vergangenen Jahr gemeinsam mit unseren Filialleitern eine Qualitätsfibel entwickelt und erstellt. Wir wissen, dass wir in der gesamten Handelslandschaft zwar ein kleines, in der Region hingegen ein bedeutendes Unternehmen sind. Und wir tun weitaus mehr als nur Ware zu verkaufen.

Was beinhaltet Ihre Qualitätsfibel?
Schumann: Sie beinhaltet die Leitlinien  unseres Vertriebskonzeptes – vom Parkplatz bis zur Kasse – und alle Antworten auf Kundenfragen, mit denen unsere Marktleiter konfrontiert werden. Zudem informieren wir unsere Mitarbeiter in den Filialen jeden Freitag per Rundschreiben zu aktuellen Themen. Wir erarbeiten mit unseren Marktleitern auch Argumente, warum wir eine andere Preisstrategie als beispielsweise Aldi haben.

Womit genau verdienen Sie Geld?
Schumann: Mit unserer täglich harten Arbeit und mit täglich neuen Herausforderungen. Wir kommen damit gut zurecht und sind stolz darauf.

Wie stark müssen Sie sein, um in einem stark preisgetriebenen Umfeld nicht schwach zu werden?
Schumann: Unsere Stärke gründet auf  der Überzeugung, dass nach Schwächephasen starke Zeiten folgen.

Sie führen 71 Filialen und erwirtschaften damit rund 107,5 Millionen Euro Umsatz. Reicht das aus, um dauerhaft erfolgreich zu bleiben?
Schumann: Durchaus. Wir behaupten uns damit gut in unserer Region. Es gibt zudem keine maßgebende kritische Größe, sondern einzig ­erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Strategien.


Werten Sie wöchentlich die Preise Ihrer Mitbewerber aus, so wie es im Handel üblich ist?
Schumann: Ja.

Wie reagieren Sie strategisch in Ihren Märkten darauf?
Bork: Wir nehmen die Aktionspreise unserer Mitstreiter zur Kenntnis, beteiligen uns  jedoch nicht an der Wertevernichtung. Wir verkaufen dann vielleicht kurzzeitig etwas weniger von einem Produkt, verdienen allerdings unter dem Strich nicht weniger.

Nach welchen Kriterien legen Sie ­Aktionspreise fest?
Bork: Nach denselben wie es alle anderen Handelsunternehmen tun. Allerdings verreißen wir die Artikel nicht so, dass es uns unter dem Strich weh tut. 

Sie haben im vergangenen Jahr Ihre Einkaufskooperation mit Edeka Minden-Hannover um sechs Jahre verlängert. Was verbindet Sie mit dieser Regionalgesellschaft?

Schumann: Kooperationen leben davon, dass sich beide Partner von Beginn an verstehen und vertrauen. Bodenständigkeit, gegenseitige Achtung, Konstanz und Verlässlichkeit sind Werte, die zu unserer ­Kultur passen. 

Edeka Nordbayern passt allerdings logistisch und geografisch gesehen besser zu Ihnen …
Schumann: Es gibt für uns keinerlei Anlass, unsere Partnerschaft mit der Edeka Minden-Hannover zu verändern. Wir fühlen uns in dieser Partnerschaft einfach sehr wohl und gut ­beraten.

Edeka-Minden-Hannover-Chef Mark Rosenkranz hat bessere Konditionen für seine Kaufleute ausgehandelt. Profitieren auch Sie davon?
Schumann: Auch auf dieser Ebene arbeiten wir fair und offen zusammen. 


Wie stark sind Sie im Wareneinkauf von Edeka Minden-Hannover abhängig?
Schumann Wir agieren völlig frei und haben lediglich eine Lieferbeziehung. Rund 55 Prozent der Waren läuft über Edeka, 45 Prozent über Strecke.

Ist das Edeka Prozess-optimierungssystem ­Lunar für Sie eigentlich ein Thema?
Schumann Nein. Wir haben unser eigenes System. 
Bork: Handel ist so vielschichtig, dass immer wieder Optimierungsmöglichkeiten in Prozessen aufkommen. Daran arbeiten wir mit unseren Marktleitern. Wir dürfen dabei allerdings nie vergessen, dass Technik menschliche Leistungen nicht ersetzen kann. Eine noch so effiziente Technik allein kann zum Beispiel Kunden keine Geborgenheit vermitteln. 

Warum führen Sie trotz der Schlecker-Pleite nach wie vor in Ihren Filialen nur ein kleines Randsortiment an Drogeriewaren?
Bork: Wir führen die wichtigsten Drogerieartikel und erwirtschaften damit gute Erträge. Wir konzentrieren uns allerdings lieber auf Lebensmittel. Auf diesem Feld  sind wir stark.

Vor drei Jahren war die Expansion nach Berlin eine Option für Sie. Was ist aus Ihren Plänen, in der Hauptstadt Konsum-Märkte zu etablieren geworden? 
Schumann Wir haben einfach Prioritäten gesetzt und uns zunächst zu unserer ­Region bekannt. Das schließt allerdings nicht aus, dass wir eines Tages zum Beispiel im Prenzlauer Berg eine Filiale eröffnen. Das muss sich aber auch wirtschaftlich rechnen.

Wie viele Standorte wollen Sie pro Jahr neu eröffnen? 
Schumann: Zwei bis drei. Wenn wir einen neuen Standort erschließen, müssen wir uns zu 90 Prozent sicher sein, dass er funktioniert. Wir kennen unser Einzugsgebiet bestens und wissen, wo möglichst viele Menschen wohnen oder arbeiten. Wir sind als Unternehmen einfach zu klein, um uns Flops wirtschaftlich leisten zu können.

Was muss aus Ihrer Sicht ein Supermarkt erfüllen, um künftig wirtschaftlich erfolgreich zu sein?
Schumann:: Er muss effizient sein. Dabei entscheidet oftmals nicht die Optik und Modernität eines Marktes, sondern die Beziehung der Marktmitarbeiter zu ihren Kunden über den wirtschaftlichen Erfolg.

Sie führen eine eigene Fruchthandelsgesellschaft namens Fresh Fruit. Steht das entsprechende Angebot nur Ihren eigenen Filialen zur Verfügung?
Bork: Nein. Wir können selbstverständlich auch andere Märkte und Gastronomen mit Obst und Gemüse beliefern. Das tun wir bereits ansatzweise.

Sie haben vor 13 Jahren einen Online-Lieferdienst namens Lofex gegründet. ?Welche Erfahrungen haben Sie ­seitdem gemacht?
Bork: Grundsätzlich macht uns Lofex vom Ansatz her Spaß. Die Produktkennzeichnung ist eine Herausforderung, in der Logistik eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Wir bieten unseren Kunden die Möglichkeit per Callcenter, Fax oder online zu bestellen. Die Online-Bestellungen nehmen zu. Wir haben inzwischen in Leipzig und Umland pro Tag rund 30 Lieferungen mit einem Durchschnittsbon von 70 Euro. Damit können wir im jetzigen Stadium durchaus zufrieden sein. 

Wo sehen Sie den Food-Online-Markt in fünf Jahren in Deutschland?
Bork: Es gibt reichlich Potenzial für mehr – vor allem in puncto Wirtschaftlichkeit dieses Geschäftsmodells.

Verkaufsleiter Marcel Bork
Marcel Bork, Verkaufsleiter; Foto: Christiane Eisler
Petra Schumann
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