Die im Juli 2020 eingesetzte "Zukunftskommission Landwirtschaft" hat am heutigen Dienstag ihren Abschlussbericht an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben. Dieser enthalte „wegweisende und hilfreiche Impulse", so Merkel. Er sei eine fundierte Entscheidungsgrundlage. Damit der Transformationsprozess gelinge, brauche es verlässliche Rahmenbedingungen.
Ein Wandel in der Landwirtschaft hin zu mehr Klima-, Umwelt- und Tierschutz ist notwendig – und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ökologisches Handeln müsse dabei in ökonomischen Erfolg umgesetzt und finanziell angemessen unterstützt werden. Das ist die zentrale Botschaft des Abschlussberichts der „Zukunftskommission Landwirtschaft“.
Positionen schienen unvereinbar
Die Aufgabe der Kommission gleiche dabei „der Quadratur des Kreises“, erklärte Bundeskanzlerin Merkel. Die Mitglieder konnten sich nach rund einem Jahr mit rund 100 Sitzungen auf gemeinsame Empfehlungen einigen. „Viele Positionen schienen auf den ersten Blick unvereinbar“, so Merkel. Insofern sei die einstimmige Verabschiedung des Berichts „schon eine Riesensache“.
Die Kommission habe sich in einem „emotions- und konfliktbeladenen Spannungsfeld von Agrar-, Umwelt- und Gesellschaftspolitik bewegt“. Umso mehr dankte sie den Mitgliedern der Kommission für ihr Engagement und dafür, „sich auf dieses Abenteuer eingelassen“ zu haben. Der Bericht wurde Merkel vom Vorsitzenden der Kommission, Peter Strohschneider, übergeben.
Bedeutsamer Tag für die Landwirtschaft
Die Vorlage des Abschlussberichtes sei ein „bedeutsamer Tag in der Geschichte der Landwirtschaft in Deutschland“, so Merkel. Die künftig politisch Handelnden würden an diesem Bericht nicht mehr vorbeikommen. Er liefere Antworten darauf, was ökologisch angemessen und für jede Seite zumutbar sei – etwa mit Blick auf das Konsum- und Ernährungsverhalten. Zudem entwickle er zeitliche Perspektiven.
Der Druck, den Bericht im Konsens zu verabschieden, habe „seine konstruktive Wirkung“ entfaltet, so Merkel. Den Grundstein dafür habe die Bereitschaft der Kommissionsmitglieder gelegt, „die Welt auch einmal mit den Augen der anderen zu sehen.“ „Wir brauchen für mehr Nachhaltigkeit einen umfassenden Transformationsprozess, der energisch fortgeführt werden muss. Das wird nicht ohne zusätzliches Geld gehen,“ unterstrich Merkel.
Die Bundeslandwirtschaftsministerin betonte: „Der Abschlussbericht und meine Politik zielen in die gleiche Richtung: Im Sinne des Berichts bringen wir den Transformationsprozess in der Landwirtschaft bereits konsequent voran. In den wesentlichen Punkten unterstützt die Kommission meinen Weg.“
Empfehlungen über das „Tagesgeschäft“ hinaus
Die heimische Landwirtschaft ist systemrelevant. Doch Landwirtschaft und ländliche Räume stehen vor zum Teil gravierenden strukturellen und wirtschaftlichen Änderungen. Konkret geht es darum, Klima- und Umweltschutz zusammenzubringen mit Ernährungssicherung und dem Erhalt einer ökonomisch tragfähigen Landwirtschaft in Deutschland. Aufgabe der unabhängigen Expertenkommission unter Vorsitz von Peter Strohschneider war es daher, über das Tagesgeschäft hinaus langfristige Empfehlungen und Leitlinien für den Transformationsprozess des Landwirtschafts- und Ernährungssystems zu erarbeiten.
Wichtige Ergebnisse des Abschlussberichts
Die Kommission betont, dass der nötige Wandel einer finanziell angemessenen Unterstützung bedürfe – unter anderem auch durch eine schrittweise Umstellung insbesondere der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Der Transformationsprozess sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Konkret benennt der Bericht Zielvorstellungen und Leitlinien sowie Handlungsmöglichkeiten. Es werden unter anderem Empfehlungen gegeben für
- mehr Anstrengungen zur Steigerung des Klima- und Umweltschutzes, unter anderem durch den Ausbau landwirtschaftlicher Treibhausgassenken (Moore und Humus), die Schaffung stabiler Agrar-Ökosysteme sowie regionaler Wirtschafts- und betrieblicher Nährstoffkreisläufe.
- die Reduzierung des Konsums tierischer Produkte, die Verbesserung des Tierwohls und eine umweltverträglichere räumliche Verteilung der Tierhaltung (gegebenenfalls mit einer weiteren Verringerung der Tierbestandszahlen).
- die Erhöhung der Markttransparenz landwirtschaftlicher Produkte, zum Beispiel durch Kennzeichnungen und Zertifikate.
- die Förderung unterschiedlicher betrieblicher Geschäftsmodelle sowie von regionalen und Direktvermarktungswegen.
- die faire Ausgestaltung von Abnahmebeziehungen der Landwirtschaft mit nachgelagerten Bereichen (zum Beispiel Mühlen, Molkereien und Zuckerfabriken) sowie dem Handel.
- eine zielgerichtete staatliche Finanzierung der gesellschaftlichen Anforderungen an die Landwirtschaft. Etwa durch den Umbau der flächengebundenen Direktzahlungen der Ersten Säule der GAP im Laufe der nächsten zwei Förderperioden (bis spätestens 2034).
- Planungssicherheit für Betriebe zum Beispiel für Investitionen.
Transformationsprozess verursacht Kosten
Die Kommission weist darauf hin, dass der anstehende Transformationsprozess mit höheren Produktionskosten und Lebensmittelpreisen einhergehen wird. Diese würden den bisherigen Finanzrahmen der öffentlichen Haushalte übersteigen. Deshalb müssten – neben weiteren öffentlichen Mitteln – Mehrkosten auch auf den Märkten erwirtschaftet werden. Daraus resultierende Härten seien durch einen sozialen Ausgleich für einkommensschwächere Haushalte abzufedern.