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Store-Check Edeka Schmidt, Wehr: Glanzstück im Südwesten

In der sechsten Generation polieren die beiden Kaufmannsfamilien Schmidt im Südschwarzwald das Edeka-Renommee. Der neue Markt von Matthias Schmidt in Wehr ist bis ins Detail ein Knüller.

Hier bereitet das Zahlen größtmögliches Vergnügen: Die modernen Kassensysteme werden von Milchglaslampen im Jahrhundertwende-Stil ins Licht gesetzt. Seit dem 19. Jahrhundert gab es am Standort eine Weberei. Foto: Jessica Walburger
Von Martina Kausch | Fotos: Jessica Walburger

Den spektakulärsten Blick haben die Chefs  vom Büro aus. Dann schweift das Auge von der Galerie an der Gebäudeseite hinunter auf das Markttreiben auf 2.600 Quadratmetern, vorbei an der 35 Meter langen Frischetheke. Man registriert den durchdachten Aufbau des Markts, die strategischen Parallelen der Regale, die Planung der Fläche, die Aufteilung in Laufwege und Plätze zum Verweilen. Mit dem neuen Markt in Wehr zeigen Matthias Schmidt und Sohn Maximilian Schmidt im Südwesten die Leistungsfähigkeit des Unternehmens noch einmal im größeren Maßstab. Das „XL“ im Namen ist für diesen Markt gerechtfertigt.

Neubau am Traditionsort

Über tausend Mitarbeiter beschäftigt die Großfamilie Schmidt in ihren insgesamt 16 Märkten. Immer ist man auf dem Sprung zur Expansion, denn ganz klar sei, so sagt Matthias Schmidt selbst: Stillstand ist Rückschritt. Zehn Jahre, so der agile Kaufmann, habe er den Standort „Im Hammer“ im Auge gehabt, schließlich führte man in der Nähe einen Markt. Dann bot sich die Gelegenheit, auf dem Gelände der alten Weberei zu bauen und innerhalb eines großen Komplexes einen Markt zu eröffnen. 

Man wolle die Geschichte des Ortes sichtbar machen, sagt Matthias Schmidt, und so weisen nun über Lebensmittelregalen und Logistikausgängen großformatige Schwarzweißabzüge alter Bilder auf die große Weberei-Tradition hin. Es gibt im Restaurantbereich Lampen im Sisal-Look, und über dem Regal mit Tourismustipps stehen Baumwollzweige neben Spinnerei-Utensilien samt Nähmaschine.

„Ich bin Südschwarzwälder“

Apropos Regal mit Tourismustipps: Kaum eine Händlerfamile in Deutschland ist dem Tourismusmarketing derart verbunden wie die Schmidts. Unter dem Claim der Regionalmarke „Ich bin Südschwarzwälder“ verkaufen die Schmidt-Märkte Produkte von rund 80 regionalen Erzeugern aus dem Naturpark Südschwarzwald. Nach eigenen Angaben haben sie einen Umsatzanteil von etwa zehn Prozent. Die Produktpalette reicht vom Üblichen wie Konfitüren und Eiern, Pasta und Spirituosen aus der Region über regionales Duroc-Schwein bis zur neuesten Errungenschaft, dem Südschwarzwälder Weidehähnchen. Hier arbeitet man mit einem jungen Landwirtschaftspaar zusammen, dass sich, ausgebildet in nachhaltiger Ernährungswirtschaft, der umweltverträglichen Hähnchenzucht widmet. Eine eigene 40-seitige Broschüre stellt die Lieferanten vor. Und: Die Bewegtbilder dazu gibt es mit Infos auf Youtube, geschwätzt im besten Alemannisch.

Start mit Blumen und Gastroversuchung

Der neue Markt in Wehr ist von außen deutlich weniger spektakulär als von innen. Empfangen wird der Kunde bei angenehmem Licht von Blumen und Sushi, bevor man sich nach rechts wendet und sich entscheiden muss, ob man nun über die Obst- und Gemüseabteilung den Markt betritt oder gleich der Kaffeeverlockung im Gastrobereich erliegt. Geschickt wird der Kunde an der halbrunden Vorkassenbäckerei in Richtung Tageslicht-Restaurant gelenkt.

Dieser Bereich ist von einer für den LEH geradezu unglaublichen Eleganz. Hohe Bücherregale (mit echten Büchern) tragen zur gemütlich-gediegenen Bibliotheksatmosphäre bei, Velours-Sessel und -Sofas in Pastelltönen werden durch die Kombination mit Holztischen, Eisenlampen und vielen Grünpflanzen-Ampeln stylish. An eine Spielecke ist gedacht, und die wird gut genutzt. 

Dann reihen sich die Sortimente aneinander. Die große Fläche ist abwechslungsreich und sinnvoll gestaltet. Die Regalmodelle ändern sich in den unterschiedlichen Abteilungen und geben den Bereichen ganz verschiedene Atmosphären. Diejenigen in Eisen- und Holzlook beinhalten Trockensortimente, für höherpreisige Süßwaren gibt es hell getönte Holzregale mit Gesimsabschluss nach oben. Wertiger kann man Feines aus der Kakaofraktion nicht präsentieren. Orientierung geben die schrägen Beschriftungen an jedem Regal und an den Wänden die überdimensionalen Hinweise auf die Hauptsortimente wie Mopro, Hygiene, Kosmetik, Wein und Co. 
 

Kompetenz an der Theke

Die Frischetheke als Renommierprojekt jedes Händlers ist auch in Matthias und Maximilian Schmidts neuem Markt in Wehr optisch und sortimentstechnisch überragend – und das im wörtlichen Sinn: 4,5 Meter ist der Käse-Humidor hoch. Die im Holzlook verkleideten Zonen über den Tresen sind einerseits eindrucksvolle Eyecatcher und tragen andererseits im Bereich der Käsetheke die Botschaft der Kompetenz, Deko-Käselaibe eignen sich auch hierfür einfach gut. Selbstverständlich gibt es einen imposanten Dry-Ager und ein Fleisch- und Wurstsortiment, das wohl fast alle auch nur denkbaren Wünsche erfüllt.

Sogar Gemüsespieße und Spieße mit Grillkäse und Pflaumen liegen zur BBQ-Saison in der Fleischtheke, abgesehen natürlich von Regionalem wie Wild aus dem Schwarzwald, Weidelamm aus Schluchsee und Schwarzwälder Bio-Weiderind. Die Käsetheke bietet eine große Auswahl an Bio-Käsesorten, vieles wird sowohl bereits eingeschweißt als auch nach Kundenwunsch an der Käsetheke direkt angeboten. Sortimentsübergereifend sinnvoll kann man neben dem Käsestand auch ein Fonduegerät, eine Käse-Etagere oder auch eine Käsereibe erstehen. 

Profis mit Freude am Detail

Es ist die Kombination zwischen Professionalität im Großen und Freude am Detail, die den Markt in Wehr auszeichnet. Großzügige Planung der bequem breiten Laufwege, angenehme Regalhöhen und optimale Flächennutzung auch durch die Gondelköpfe zeigen die Strategie. Andererseits werden die Freiflächen so individuell bespielt, dass der Kunde doch den Eindruck eines Familienmarktes hat. Die Präsentation der Regionallieferanten – sie alle werden mit individuellen Geschichten bei ihren Produkten vorgestellt – verstärken den Eindruck. Gedacht ist offenbar an alles, an die Serviceglocke im Gastrobereich ebenso wie an das Einladungsschreiben an der Tür des zehn Quadratmeter großen begehbaren Eisschranks: „Komm rein, ich bin ein Getränkekühlraum“ steht zwischen aufgemalten Eiszapfen.

Als Schmidts Hausküche firmiert die Produktion des Unternehmens. Im Markt in Bad Säckingen wird in einer gläsernen Küche für die vier Restaurants in vier Märkten gekocht – und fürs Regal. Suppen und Saucen von der Holländischen über Wild- bis zur Currywurst-Sauce sind auch im Markt in Wehr im Angebot.
 

Große Märkte, große Pläne

Stillstand ist Rückschritt – nach diesem Motto planen die Schmidts bereits die nächste Großtat. Am Marktstandort St.Blasien wollen Claudia Schmidt-Maier und Michael Schmidt einen neuen Markt mit 2.250 Quadratmetern Verkaufsfläche für den Supermarkt sowie Flächen für eine Apotheke, Arzt- und weitere Praxen sowie eigene Schulungsräume bauen. Baubeginn ist für 2025, Eröffnung für 2027 geplant. Das sind zwar die Pläne von Matthias Schmidts Bruder und dessen Frau, aber offenbar gilt auch bei Geschwistern im Handel: Konkurrenz belebt das Geschäft.


INTERVIEW

Matthias  Schmidt, Geschäftsführer

Unmittelbar neben Ihrem neuen Markt gibt es einen Discounter – gut oder schlecht für Ihren Umsatz?  
Wir sind die Frische-Profis! Wir betreiben seit zwanzig Jahren Doppelstandorte mit der Schwarz Gruppe. Der Kunde fährt den Standort an, da muss man mithalten. Ich sehe auch die Synergien von Verbraucherseite.

Also positionieren Sie sich in erster Linie über die Frische?
Ja, unbedingt. Beispielsweise haben wir 60 regionale  Erzeuger und bedienen den Wunsch der Kunden nach saisonalen Produkten. Der Gastrobereich mit dem breiten Angebot ist für viele Kunden sehr attraktiv, das spüren wir deutlich.

Wie gewinnen Sie neue Mitarbeiter? Die Wettbewerber suchen nebenan …
Gute Mitarbeiter zu finden ist für alle in der Nähe der Grenze zur Schweiz schwierig. Die Mitarbeiter sollen gerne bei uns arbeiten. Wir zahlen über Tarif, auch den Azubis. Wir haben ein Programm, damit Mitarbeiter Mitarbeiter werben, zahlen Prämien. Wir fragen: Wie können wir Mitarbeiter entlasten? Abläufe vereinfachen? Das war auch bei der Marktplanung hier wichtig. 


 

„Wir müssen Mitarbeiter entlasten“

Personalknappheit kennt jeder Händler, im Südwesten Deutschlands lockt die Schweiz viele Arbeitnehmer mit  attraktiven Gehältern. Die Arbeit für alle im Markt so angenehm wie möglich zu machen, ist das Ziel von Matthias Schmidt. In seinem neuen Markt in Wehr sind die Wege so kurz wie möglich, in anderen Märkten helfen Roboter.

Er blinkt bunt, schneidet auf dem LED-„Gesicht“ Grimassen, und er kann sogar Geburtstagslieder singen und eine Torte als Lichtspiel blitzen lassen. „Wir nennen ihn Fridel“, berichtet Matthias Schmidt humorig über den ersten Serviceroboter, der für die Gastromie im Schmidts-Markt in Bad Säckingen angeschafft wurde. Mittlerweile gibt es einen zweiten im Markt in Neustadt.

Wege sparen, weniger tragen

Der Hintergrund der Investition ist klar: Mitarbeiter pflegen. „Das Thema Mitarbeitergewinnung wird derzeit von Tag zu Tag schwieriger. Im Hintergrund müssen ständig Bewerbungen, Ausschreibungen, Vorstellungsgespräche laufen. Man darf keinen einzigen Tag mehr denken, dass heute alles gut ist,“ weiß Matthias Schmidt. „Wir müssen Mitarbeiter entlasten, wo wir können“, ist seine Überzeugung. „Wir hoffen auf zukunftsfähige Modelle, die unsere Mitarbeiter behilflich zur Seite stehen können und Entlastung bieten könnten.“

Friedel ist eines der Modelle. Wo eine Servicekraft maximal acht Cappuccinotassen auf dem Tablett zu den Gästen bringt, kann man den selbstfahrenden Helfer mit mehreren Tabletts beladen. Mitarbeiter entlasten – das spielte auch bei der Planung des neuen Schmidt-Markts in Wehr eine große Rolle. Abläufe vereinfachen, kurze Wege bieten, lautet die Devise. Kühlräume für die einzelnen Sortimente wurden an verschiedenen Plätzen nahe an der Ware eingerichtet, niemand mehr muss die Mopro-Lieferungen durch den ganzen Markt schieben.


MARKTDATEN:

Edeka Schmidt, Wehr

  • Adresse: Im Hammer 5, 79664 Wehr 
  • Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 7 bis 20 Uhr
  • Eröffnung: 17. November 2022
  • Verkaufsfläche: 2.600 m²
  • Zahl der Produkte: Rund 32.000
  • Zahl der Bio-Produkte: Rund 8.000
  • Zahl der Mitarbeiter: 100
  • Sitzplätze im Gastrobereich: 80 innen, 70 außen (im Werden)
  • Zahl der Parkplätze: 220
  • E-Ladestation: Ja
  • Besonderheiten: Begehbarer Getränkekühlraum

Impressionen aus Schmidts Märkten

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