Nach der vorläufigen Einschätzung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) beläuft sich die Getreideernte im Jahr 2022 auf etwa 43 Millionen Tonnen. Damit wurden knapp 2 Prozent mehr geerntet als im vergangenen Jahr. Die aktuelle Erntemenge liegt allerdings immer noch sehr deutlich unter dem Durchschnitt der Jahre 2014-2021 (ohne das extreme Trockenjahr 2018) in Höhe von 45,6 Millionen Tonnen. Ein großer Unsicherheitsfaktor sei in diesem Jahr die zu erwartende Erntemenge beim Körnermais. Dieser habe in vielen Regionen massiv unter der Trockenheit der letzten Wochen gelitten. Die Winterrapsernte beziffert der DBV auf gut vier Millionen Tonnen.
„Die diesjährige Getreideernte fällt quantitativ gesehen im Gegensatz zum letzten Jahr etwas besser aus, die Qualitäten speziell beim Weizen lassen aber vielfach zu wünschen übrig. Die regionalen Unterschiede sind dabei noch stärker ausgeprägt als in den Vorjahren. Die in vielen Regionen des Landes lang anhaltende Trockenheit zeigt erneut, dass die Landwirte die Auswirkungen des Klimawandels sehr direkt zu spüren bekommen“, so der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. „Schaut man sich die Erträge in den letzten Jahren an, wird deutlich, dass es keinen Spielraum für weitere flächendeckende Einschränkungen bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln geben darf. Die von der EU-Kommission geplanten pauschalen Anwendungsverbote von Pflanzenschutzmitteln sind unverantwortlich und würden die Lebensmittelversorgung in Europa gefährden.“
Bis ins zeitige Frühjahr war die Entwicklung der Kulturen in fast allen Landesteilen zufriedenstellend. Ab März nahm die Niederschlagsmenge in einigen Regionen jedoch rapide ab, während andernorts normale Regenmengen zu verzeichnen waren. „Die Erträge und Qualitäten fallen dementsprechend je nach Niederschlagsverteilung sehr unterschiedlich aus“, erläutert Präsident Rukwied. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, in dem die Getreideernte zum Wettlauf mit dem nächsten Schauer wurde, konnten die Mähdrescher dieses Jahr ungestört laufen, so dass vielerorts die Ernte bis zu drei Wochen früher als üblich beendet wurde. Nach wie vor leiden Herbstkulturen wie etwa Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben in den Dürregebieten inzwischen massiv, so dass auch hier regional mit erheblichen Ertragseinbußen gerechnet werden muss. Für die anstehende Raps- und Zwischenfrucht-Aussaat ist es mancherorts ebenfalls viel zu trocken. „Außerdem trifft die Dürre auch die Tierhalter. Zum Teil müssen bereits die Wintervorräte angebrochen werden, um die Futterversorgung sicherzustellen“, so Rukwied.