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Food-Trends 2022: The Green Normal

„Gesund für den Menschen, gesund für die Umwelt“ ‒ so lautet eines der leitenden Motive für die Food-Trends 2022. Das Ess- und Konsumentenverhalten ist im Wandel. Der Ausblick auf das Branchengeschehen.

Von Sibylle Menzel | Fotos: stock.adobe.com/Anton Bugaev

Die Coronakrise habe, davon ist Hanni Rützler überzeugt, einen Effekt auf den Lebensmittelkonsum und die Ernährungsweise, der bleiben wird. Nach allen zutage getretenen Anfälligkeiten im Nahrungsmittelsystem stellt die Ernährungswissenschaftlerin und Food-Trend-Forscherin außerdem fest: „Eine Wirtschaft wie vor Corona wird es nicht mehr geben, höchstens eine danach.“

Die Themenschwerpunkte in ihrem neu aufgelegten Food Report 2022 und weitere Studien zeichnen ein deutliches Bild: Jetzt geht es um bewussteren Konsum, um ein verändertes Verständnis von Gesundheit und um Nachhaltigkeit. Die Top-Themen:

 

 

Zero Waste: Kein Müll, keine Verschwendung, nutzen statt wegwerfen:

Unverpackt-Läden oder unverpackte Lebensmittel im LEH sind in. Das vielerorts etablierte Angebot wird genutzt, um bedarfsgerecht abzufüllen und Verpackungsmüll zu reduzieren. Apps wie Too Good To Go bringen Akteure von Supermärkten bis zu Hotels mit Verbrauchern zusammen, um „noch gute“ Lebensmittel vor dem Abfall zu bewahren. Unter gleichem Label werden Konsumenten mit dem Motto „Anschauen, Riechen, Schmecken“ für Haltbarkeit und Weiterverwendung der Produkte sensibilisiert.

„Nachhaltigkeit“, prognostiziert Hanni Rützler für den Trend Zero Waste, „verlagert sich immer mehr auf den Nutzungszyklus.“ Und das auch auf anderen Ebenen der Lebensmittelkette: Start-ups gelten als Vorreiter, neue Produkte aus Lebensmittelresten entstehen zu lassen ‒ so kann aus verdorbener Milch auch schon mal ein T-Shirt werden.

Ein Widerspruch mit Trendpotenzial: Local Exotics

Der seit Jahren greifende Trend zur Regionalität hat während der Pandemie zusätzlichen Aufwind bekommen. Gleichzeitig, führt Hanni Rützler aus, wuchs angesichts gedrosselter Urlaubsaktivitäten und geschlossener Restaurants die Sehnsucht nach kulinarischen Reisen ‒ nach exotischem Genuss. Der Foodtrend Local Exotics vereint also Entwicklungen, die widersprüchlich erscheinen: exotisches Obst, Gemüse und Fisch aus heimischem Anbau.

Das Tropenhaus Klein Eden am Rennsteig im bayerischen Frankenwald macht es vor: Seit 2014 gedeihen hier verschiedenste Obsorten von Limetten bis Sternenfrucht, auch Gewürze wie Ingwer und Kurkuma. Jüngeren Datums ist dagegen Handelsprojekte wie der Rewe-Markt in Wiesbaden-Erbenheim: Hier züchtet ein Partnerunternehmen auf dem Gebäudedach Basilikum, in der aquaponischen Anlage wachsen Barsche heran. Beiden Beispielen gemeinsam: die effiziente Nutzung und Aufarbeitung verschiedenster Ressourcen, ob Wasser, Strom oder Wärme. Denn auch Nachhaltigkeit ist Teil des Foodtrends Local Exotics.

 

Regionalität im Handel ‒  darauf kommt es an:

Laut GfK Consumer Panel bevorzugen 70 Prozent der deutschen Haushalte Produkte aus der eigenen Region, 60 Prozent sind bereit, dafür auch mehr zu bezahlen. Handel und Hersteller reagieren darauf ‒ doch was verstehen Konsumenten eigentlich unter Regionalität?

Antworten liefert die aktuelle qualitative Studie der GfK-Konsumforscher: Regionalität misst sich nicht an Kilometern, aber der Grundsatz lautet: „Je näher, desto besser.“ Wichtigste Handlungsempfehlung der Konsumforscher für den LEH: Transparenz darüber schaffen, was an den beworbenen Produkten regional ist. Außerdem haben verschiedene Zielgruppen unterschiedliche Motivationen zum Kauf regionaler Produkte. Um die Zielgruppen erfolgreich ansprechen zu können, muss der Handel wissen, worauf welche der Zielgruppen im Markt Wert legt.

Trend Nachhaltigkeit

„Nachhaltigkeit ist vielleicht nicht für alle Verbraucher der wichtigste Kauffaktor, aber für viele ist es der entscheidende Faktor, wenn es um die Produktauswahl geht“, resümieren die Marktforscher von Innova Market Insights zu den Top Trends 2022.

Dabei wird der Wunsch nach besserer Orientierung in diesem Themenbereich laut, wie die Marktexperten von Nordlight Research herausgefunden haben: Eine Nachhaltigkeitsampel wünschen sich etwa 62 Prozent der Deutschen, auch unabhängige Nachhaltigkeitssiegel für einzelne Produkte (39 %) und bessere Infos zur Produktion und Herkunft (39 %).

Nachhaltig shoppen

Worauf achten Konsumenten beim Lebensmitteleinkauf in Sachen Nachhaltigkeit? Das Berliner Crowdsourcing-Marktforschungsunternehmen POSpulse hat nachgefragt: Für 40 Prozent der Befragten ist das Bio- und für 30 Prozent das Fairtrade-Siegel relevant. 40 Prozent der Teilnehmenden achten darauf, auf zu viel Verpackung zu verzichten. Weitere 34 Prozent versuchen, Plastik zu vermeiden. Rund 67 Prozent würde eine Plastikverpackung aber keineswegs vom Kauf abhalten.

Die Stimme des Verbrauchers

Für die Top Ten Trends 2022 hat das global agierende Marktforschungsinstitut Innova Market Insights Befragungen in elf Ländern durchgeführt. Die zentralen Ergebnisse:
Trend 1: Shared Planet ‒ Verbraucher wollen ethisch und umweltbewusst handeln.
Trend 2: Pflanzenbasiert ‒ die Leinwand für Innovationen, bei der sich Gesundheitsbewusstsein und Nachhaltigkeit als Triebfeder erweisen.
Trend 3: Tech-to-Table ‒ Verbraucher sind durchaus offen für neue Lebensmitteltechnologien, sofern sie nachweislich vorteilig für die persönliche und globale Gesundheit sind.
Trend 4: Veränderte Konsumanlässe ‒ die Pandemie hat Essgelegenheiten verändert, dem müssen Hersteller gerecht werden.
Trend 5: Stimme der Verbraucher ‒ Verbraucher haben das Sagen und erwarten mehr Engagement über digitale und reale Kanäle. Gesucht werden Produkte, die den politischen, sozialen und ethischen Werten entsprechen. Werden sie nicht
gefunden, schließen unternehmerische Verbraucher die Lücke selbst.

Den vollständigen Beitrag zu den Food-Trends 2022 lesen Sie in der RUNDSCHAU für den Lebensmittelhandel 1/2022.

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