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Fiebermessen, Gummihandschuhe, lange Schlangen: Lebensmittelkauf in Italien

Der Lebensmitteleinkauf ist im durch Corona gebeutelten Italien zum Geduldspiel geworden, Kunden warten bis zu zwei Stunden auf Markteinlass. Vereinzelt wird nun auch Fieber am Markteingang gemessen. Beobachtungen aus Mailand.

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Schlange vor Mailänder Supermarkt.
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Von Andrea Bigozzi (Mailand) | Fotos: A. Bigozzi

Viele Italiener haben dieser Tage den Eindruck, dass die Schlangen vor den Supermärkten immer länger werden. Wer die Kunden sieht, wie sie draußen aufgereiht, mit Mundschutz und Abstand zum nächsten stehen, könnte sich im Set eines Katastrophenfilms wähnen. Doch das ist der bittere Alltag in den meisten italienischen Metropolen.

Die Corona-Pandemie hat Italien mit besonderer Wucht erreicht. Die nun geltenden, strengen Ausgangsbeschränkungen werden mindestens noch bis Anfang Mai andauern, wenn die sogenannte „Phase 2“ mit vorsichtigen Lockerungen beginnen soll. Einkaufen ist in dieser Zeit alles andere als eine normale alltägliche Handlung

In Städten wie Mailand erreichen die Wartezeiten vor den Supermärkten bis zu zwei Stunden, vor Feiertagen sogar länger. Auf der Piazza Gae Aulenti etwa, mitten in der Stadt, zog sich die Kundenschlange in der vergangenen Woche durch den gesamten, von Hochhäusern umrundeten Platz. Kein Wunder, dass Websites wie filaindiana.it Konjunktur haben: Sie überwachen die Schlangen vor Supermärkten und geben die Wartezeiten an, mit denen Kunden rechnen müssen.

Konsumenten werden erst hereingelassen, wenn andere den Markt verlassen. Seit wenigen Tagen messen einzelne Supermärkte in Mailand, zum Beispiel die Kette Esselunga, die Temperatur der Kunden. Wer Fieber hat, wird nicht hereingelassen. Niemand darf ohne Gummihandschuhe und desinfizierte Hände in den Markt eintreten – Plastikhandschuhe waren schon vor der Pandemie in der Obst- und Gemüseabteilung Pflicht. Mundschutz muss im Markt nur das Personal tragen, viele Kunden tun dies freiwillig.

Der nun fünf Wochen andauernde Lockdown fordert die Geduld der Italiener heraus. Die Quarantäne hat aber auch ihre Essensgewohnheiten verändert. Sie kochen wieder mehr zuhause und backen auch mehr, was wie in Deutschland zu Engpässen in der Versorgung mit Mehl und Hefe geführt hat – es wurden Absatzpeaks von bis zu 200 Prozent verzeichnet. In den sozialen Medien kursieren unzählige Fotos von selbstgebackenen Kuchen, Torten Broten und Pizzen.

Laut der Supermarktkette Coop sind nach wie vor Nudeln, Konserven und der beliebte Mozzarella landesweit am stärksten gefragt. Dagegen ist der Absatz von Fertiggerichten (-18 %) und gekühlte Convenience (-27 %) zurückgegangen. Der Thekenabsatz brach sogar um 42 Prozent ein.

In der Corona-Krise bevorzugen die Italiener Supermärkte in der Nähe ihres Wohnorts und haben es stets eilig beim Einkauf. In normalen Zeiten reden die Menschen etwa in Bussen und Bahnen vor allem über die Lebensmittel, die sie kaufen, und die Rezepte, die sie am Wochenende zubereiten wollen. Jetzt wird vor den Regalen wird nicht viel überlegt, sondern gekauft, was der Supermarkt hergibt. Dafür muss man an der Kasse nicht mehr so lange warten wie früher.

Nun schauen alle gespannt auf den 4. Mai. Laut kursierenden Berichten werden die Supermärkte dann ihre Öffnungszeiten ausweiten können, um die Schlangen zu verkürzen. Doch die Hygienemaßnahmen beim Einkauf werden die Italiener wohl noch sehr lange begleiten.

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Marktmitarbeiter müssen in Italien Mundschutz tragen, Kunden tun es freiwillig.

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