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Mit Lizenz zum Top-Seller?

Ob Rap-Star oder Disneyfigur auf der Packung – oder die Adaption einer bekannten Marke auf völlig andere Warengruppen: Mit Lizenzprodukten können Lebensmittelhändler zusätzliche Umsätze erwirtschaften. Ein Selbstläufer sind sie aber nicht. Wir sagen, worauf es ankommt.

 

Von Axel Stefan Sonntag | Fotos: Universal

Die DMK produziert Eis unter der Marke Ehrmann, das Valensina-Label ziert inzwischen deutlich mehr Produkte als nur den altbekannten Orangensaft, und Freiberger bringt aktuell gemeinsam mit Universal Music zwei neue Gangstarella-Pizzen in die Regale. Drei Beispiele von Lebensmitteln, die in Lizenz produziert werden. Künftig könnten es mehr werden. Das glaubt jedenfalls Günther Nessel, Geschäftsführer der Food Licence Partner. „Zwischen Eigenmarke und Markenartikel ist noch ,Erlebnisraum‘ zu besetzen“, ist er sich sicher. Das gelte zumindest dann, wenn Lizenzmarken tatsächlich überzeugten und in ihrer Kompetenz eindeutig seien.

„Unsere generelle Erfahrung ist die, dass ein solches Label nur dann wirklich funktionieren kann, wenn die Story dahinter ,Bilder im Kopf‘ der Verbraucher entstehen lässt“, so Nessel. Er weiß, wovon er spricht: Auch er machte bereits – trotz Marktforschung und intensiver Planung – negative Erfahrungen mit Lizenz-Marken-Konzepten. 

Auch für Michael Temel, Geschäftsführer bei der österreichischen Gunz Warenhandel, wachsen die Bäume nicht mehr automatisch in den Himmel: „Noch vor fünf bis zehn Jahren waren Lizenzprodukte im Handel und somit entsprechende Listungen und Umsätze selbstverständlich. Doch leider stellte sich die Lizenz zu oft über das Produkt, sodass dieses Geschäft in den vergangenen Jahren an Bedeutung verlor.“ Aktuell vermarktet Gunz unter anderem Spongebob-Überraschungseier, PEZ-Spender und Minions-Wasser-Flipper-Spiele, konzentriert sich also insbesondere auf Süßwaren. 

Preise nicht überreizen

Grundsätzlich ist das eine Warengruppe, die Famila Nordost als „reizvoll“ für Lizenzprodukte einstuft. Aber auch hier gilt: Die Kieler nehmen nicht um jeden Preis einen Artikel in ihre Listung auf. Denn gerade die Preisvorstellungen müssten realistisch bleiben. Das mittelständische Handelsunternehmen verweist in diesem Zusammenhang auf ein „kritisches Beispiel“ – das eines bekannten Schokoladenherstellers zu Ostern 2020.

„Es gab kleine Spielfiguren als Zugabe“, blickt Ulf Hennings, Warenbereichsleitung Food & Backwaren, zurück und erklärt: „Dem Kunden ging es zunächst um ein Schokoladenprodukt, das ins Osternest wandern sollte. Die Figur sah er als Zugabe, ähnlich wie bei den Überraschungseiern. Doch der ,Schokoladen-Preis‘ war dabei so hoch angesetzt, dass der Artikel nicht optimal funktionierte“, berichtet Hennings. Zudem sei ein hoher Bekanntheitsgrad elementar.

Diese Botschaft scheint auf Herstellerseite angekommen zu sein. „Wenn es sich um beliebte Labels handelt, sind die jeweiligen Artikel für Handelszentralen immer interessant“, berichtet Michael Temel. Das dürfte der Grund dafür sein, weshalb Gunz ein Frühstücksmüsli in Kooperation mit dem FC Bayern München und dem TV-Koch Alfons Schuhbeck kreiert hat. „Das mobilisiert Kunden zum Kauf.“ Weil vor allem große Musiker dank der dahinter stehenden Plattenfirmen multimediale Bekanntheit – inklusive Social Media – genießen, entstand Ende vergangenen Jahres die „Urban Food Brand“ Gangstarella. 

BESTSELLER für neue Pizzen

Hier schlossen sich Universal Music und der TK-Spezialist Freiberger zusammen, um gemeinsam mit dem Rapper Capital Bra eine neue Range in den TK-Pizzaregalen zu etablieren. Jan Voss, der das Lizenzgeschäft bei Universal Music Group & Brands verantwortet, erklärt das Konzept: „Wir legten Wert auf ein fundiertes Zielgruppenpotenzial, einen kreativen Kommunikationsansatz und ein qualitativ hochwertiges Produkt mitsamt einer attraktiven Marge.“

Dass dies funktionierte, zeigte die Auszeichnung mit dem BESTSELLER. „Auch aus Künstlersicht ist dieses Geschäftsmodell attraktiv“, weiß Voss. „Pandemiebedingt hat die Relevanz des Lizenz- und Markenbusiness nochmals zugenommen.“ Dabei verfolgt Universal Music Group & Brands einen „partnerschaftlichen Ansatz, bei dem jede Partei ihre jeweiligen Kernkompetenzen einbringt", verspricht das Unternehmen.

Beim Lebensmittelhersteller seien dies unter anderem Warenbeschaffung, Produktion und Logistik. „Auf unserer Seite bringen wir Leistungen ein, die wir auch in unserem Kerngeschäft als Musiklabel erbringen, etwa die Abstimmungen mit dem Künstler, kreatives zielgruppenspezifisches Marketing, Verpackungsdesign sowie das Community Management", verspricht Voss. „Bei unseren Eigenmarken erfolgen auch Listungsgespräche gemeinsam mit dem Produzenten sowie das Management von Marketingaktionen mit Handelspartnern." 

Feststehen dürfte aber auch: Ob Künstler oder TV-Stars es mit „ihren“ Produkten tatsächlich in die Regale schaffen, ist nicht zuletzt Geschmackssache. „Bei einem Promi-Konzept, das sich rund um eine reiche Familie dreht, ging es bis zur totalen Ablehnung und einer nicht gegebenen Listungsbereitschaft. Und das, obwohl Lizenznehmer für die Marke entsprechend unproblematisch zu finden waren“, so die Erfahrung von Günther Nessel.

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