Die Privatbrauerei Eichbaum GmbH & Co. KG hat am 28. Oktober einen Antrag auf Eigenverwaltung gestellt. „Dieser Schritt soll einen Neuanfang markieren“, erklärte Sanierungsgeschäftsführer Frank Reifel. Ziel sei es, die traditionsreiche Brauerei in Mannheim zu erhalten, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. Ihm sei bewusst, so Reifel, dass damit „eine große Aufgabe vor uns liegt“.
Eigenverwaltung bedeutet, dass die Geschäftsführung weiterhin handlungsfähig bleibt und die Sanierung des Unternehmens aktiv und eigenverantwortlich gestalten kann. Ein gerichtlich bestellter (vorläufiger) Sachwalter begleitet das Verfahren und stellt sicher, dass die Interessen der Gläubiger gewahrt werden. Basis der Eigenverwaltung ist ein Sanierungskonzept, das dem Gericht vorgelegt worden ist und das die Grundlage für die Zukunft von Eichbaum bilden soll. Es sieht vor, die Vertriebsaktivitäten zu verstärken und neue Märkte (insbesondere im Bereich Ready-To-Drink) zu erschließen. Ziel ist es, sich vom reinen Bierbrauer zum Getränkehersteller zu entwickeln. Um dem Unternehmen die zur Umsetzung erforderlichen finanziellen Mittel zuzuführen, läuft eine Investorensuche. Erste vielversprechende Kontakte gibt es bereits.
Erst Anfang vergangener Woche war mitgeteilt worden, dass das Unternehmen mit rund 300 Mitarbeitern und einem jährlichen Ausstoß von 1,8 Millionen Hektolitern mit sofortiger Wirkung die Markenrechte an seiner Traditionsmarke Karamalz an die Brauerei C. & A. Veltins verkauft hat. Die Bereiche Marketing, Vertrieb und Produktion liegen seitdem in der Hand der Sauerländer Privatbrauerei.
Die Situation für das 1679 gegründete und damit heute älteste Industrieunternehmen der Stadt Mannheim hatte sich im Laufe der letzten Monate zunehmend verschärft. Eichbaum stehe, wie viele andere exportstarke Unternehmen, einer schwierigen allgemeinen Gemengelage gegenüber, die durch Deglobalisierungs-Tendenzen in Folge der Corona-Pandemie, unruhige geopolitische Verhältnisse sowie eine zunehmend unberechenbare Zollpolitik in wichtigen Absatzmärkten geprägt sei. Hinzu würden der hohe Preis- und Wettbewerbsdruck auf dem Biermarkt kommen, der sich durch den in diesem Jahr ungewöhnlich stark gesunkenen Pro-Kopf-Verbrauch an Bier weiter intensiviert habe, sowie die bekannten Probleme in der Gastronomie.
Die Entscheidung für den Weg einer Sanierung in Eigenverwaltung wurde den Angaben zufolge nach intensiver Prüfung aller Optionen durch die Geschäftsleitung und die Eigentümerfamilie Hiby-Durst einvernehmlich getroffen. „Sie ist Ausdruck von Verantwortung gegenüber den Mitarbeitenden, der Region und der über 340-jährigen Geschichte des Unternehmens“, so der bisherige Geschäftsführer Andreas Hiby Durst. Hiby-Durst und Mitgeschäftsführer Markus Lopsien hatten Ihre Ämter aufgegeben und haben damit den Weg freigemacht für die Einsetzung einer Sanierungsgeschäftsführung. Diese besteht aus dem Restrukturierungsspezialisten Frank Reifel (FALK, Mannheim) und dem langjährigen Eichbaum-Vertriebschef Uwe Aichele. Unterstützt werden Sie durch Dr. Christoph Glatt (Schiebe und Collegen), der als Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht zum Generalbevollmächtigten bestellt worden ist.
Am vergangenen Dienstag hatte bereits eine Betriebsversammlung stattgefunden, um die Belegschaft über die Situation und die Einleitung der nächsten Schritte zu informieren. Der Betriebsrat ist in die Sanierung eng eingebunden und wird auch einen Vertreter in den vom Gericht eingesetzten Gläubigerausschuss entsenden.
Mit Beschluss vom 29. Oktober hatte das Amtsgericht außerdem den Mannheimer Rechtsanwalt Thomas Oberle (SZA Schilling, Zutt & Anschütz) zum vorläufigen Sachverwalter bestellt. Oberle zeigte sich nach ersten Gesprächen mit der neuen Geschäftsleitung zuversichtlich: „Die Pläne des Unternehmens für eine Sanierung in Eigenverwaltung sind plausibel und nachvollziehbar“. Er sehe gute Chancen, das Unternehmen zu retten.




