Artikel

Überzeugungstäter: Wie Rewe Richrath das Tierwohl in den Fokus nimmt

Nachhaltig zu wirtschaften bedeutet für die Rewe-Händlerfamilie Richrath, partnerschaftlich mit ihren Lieferanten zusammenzuarbeiten. In Bedienung gibt es bei den Vorreitern für Tierwohl-Engagement nur regionales Fleisch.

Bild:Rewe Richrath
Von Martina Kausch | Fotos: Rewe Richrath

Das nennt sich Klartext: „Verbrauchertäuschung?! Nicht mit uns“, heißt es auf der Homepage von Rewe Richrath. Und weiter ganz klar: „Führende Discounter und Supermärkte schmücken sich Woche für Woche in ihren Werbeaussagen mit einer starken und fairen Kooperation mit der deutschen Landwirtschaft. Gleichzeitig werden jedoch erneut die Preise gesenkt … zu Lasten der Tiere und Landwirte!“ Für Lutz Richrath ist das schwer erträglich. „Alle werben mit Tierwohl, keiner hält die Regeln ein“, stellt er im Gespräch mit der RUNDSCHAU fest. 


Hier hat der Kunde keine Wahl

Das wichtigste Thema: der Preis. „Keiner traut sich, ehrlich zu sagen: Fleisch von Tieren, die mit mehr Tierwohl gehalten werden, ist teurer,“ so Richrath. Landwirte müssten langfristig finanzielle Sicherheit haben, um ihre Höfe tierwohlgerecht umzubauen. Diese Kosten müssten sie teilweise weitergeben. Konsequenz: In den Richrath-Bedientheken wird ausschließlich Fleisch aus der Region verkauft. „Ich würde in die Bedientheke kein Fleisch von Strohschweinen neben konventionelles Schweinefleisch legen“, so Richrath. Sich zu entscheiden überfordere viele Verbraucher.
 

An den Beginn der Zusammenarbeit mit der Rewe-Händlerfamilie Richrath mit Sitz im nordrhein-westfälischen Bergheim Quadrath-Ichendorf kann sich Landwirt Ralph Mager aus Erftstadt sehr gut erinnern. „Ich weiß es noch genau, Peter Richrath hat mich im Urlaub angerufen und gefragt, ob wir uns nicht treffen könnten, er habe Interesse an einer Geschäftsbeziehung. Wir haben uns dann bald zusammengesetzt.“ Worum es gehen würde, ahnte der Landwirt, denn natürlich wusste er, dass die Brüder Richrath Lebenmittelmärkte betreiben. Und er selber hatte sich öfter gefragt: Der nächste Richrath-Markt, der in Gymnich, ist drei Kilometer von meinem Hof entfernt – warum wird da eigentlich nicht unser Rindfleisch verkauft?

Termin im Stall überzeugt

Richrath und Mager trafen sich vor Ort zum Stalltermin, Mager zeigte Hof und Tiere, und Richrath sah sofort: Solches Fleisch möchte ich verkaufen. Denn Mager führt seinen Betrieb seit Langem aus Überzeugung mit größtmöglicher Nachhaltigkeit. „Wir kümmern uns seit 30 Jahren um das Thema Tierwohl, denn die Haltungsform ist entscheidend. Auch für die Fleischqualität“, sagt der Landwirt und berichtet von seinen Grundsätzen: Von den Fotovoltaikanlagen oder der Biogasanlage, die den Mist verbrennt. Und natürlich von den Tieren der Fleischrassen Charolais, Limousin und Blonde d’Aquitaine, der Mutterkuhhaltung, den Strohauslaufställen, den fünf Quadratmetern, die jedem Tier zur Verfügung gestellt werden. Und da er von der Haltungsformkennzeichnung der Initiative Tierwohl nichts hält, arbeitet er nach den Regeln des niederländischen Labels „Beter Leven“, das eine Alternative zwischen regulärem und ökologischem Landbau bietet. 
 

Nun liefert Mager an Richraths 15 Märkte Rindfleisch. Richraths Schweinefleisch kommt aus dem Pötterhof von Willi Steffens, auch seine Strohschweine wurden von den Brüdern Richrath in Augenschein genommen.Richrath und seine Fleischlieferanten wissen: Verbraucher sind beim Thema Tierwohl zunehmend sensibel. Der Fleischkonsum sinkt, vor allem junge Menschen interessieren sich für vegetarische und vegane Ernährung, wie die Heinrich-Böll-Stiftung in Befragungen für den Fleischatlas 2021 festgestellt hat (siehe Grafik). Allerdings: Je älter die jungen Leute werden, desto mehr Fleisch kommt (wieder) auf den Teller. Wie es produziert wurde, möchten sie trotzdem wissen. 
Und was sagt Lutz Richrath zu Aldis Zukunftsplänen in Sachen Fleisch? „Ich empfinde die Zusage von Aldi, ab 2030 nur noch Fleisch aus den höheren Haltungsformen verkaufen zu wollen, als Verbrauchertäuschung. Man kann auch heute solches Fleisch verkaufen, man muss nicht bis 2030 warten.“

Artikel teilen

Gut informiert durch die Krise