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Vegan-Markt: Genuss ohne Verzicht

Der Vegan-Markt entwickelt sich dynamisch. Ein Treiber: Pflanzenbasiertes tritt heute mit neuem Selbstverständnis auf. Wie kann der LEH die Kategorie noch weiter voranbringen? Die Insights der Top-Player:

Von Sibylle Menzel | Fotos: Stefan Zeitz

Wie können weitere Zielgruppen für die Kategorie Veggie/Vegan begeistert werden? 

Dazu die Rügenwalder Mühle: Haupttreiber für pflanzliche Produkte sind die Themen Tierwohl und Klima. Um neue Konsumenten zu generieren, sollte die gesamte Kategorie auf Vielfalt setzen. Die Entscheidung für ein pflanzliches Produkt sollte eine bewusste Entscheidung für diese Kategorie sein und keine gegen Fleisch. Für uns ist es wichtig den guten Geschmack auf die Zunge der Konsumenten zu bringen.

Von The Planty Butchers heißt es: Thematische Verwendungsanlässe wie der „Veganuary“ oder die EU-geförderte „Eine Woche ohne Fleisch“-Kampagne sollten stärker von Handel und Hersteller unterstützt werden. Durch gemeinsames Zelebrieren können mit diesen Saisonhöhepunkten Leuchttürme in der Kundenwahrnehmung geschaffen werden. Der Einstieg in die alternative Ernährung kann weiter unterstützt werden, indem die Alternativprodukte zeitgleich zum Probierpreis erhältlich sind.

Vegan = Verzicht? Wie begegnet man diesem Vorurteil? Dazu Harald Guimarães als Head of Marketing von Eleplant: Diesem Vorurteil begegnet man am besten mit positiven Erlebnissen. Wir bei Eleplant setzen auf eine Bildsprache, die Genuss und Kreativität in den Fokus rückt – statt auf den erhobenen Zeigefinger. Kommunikation muss niedrigschwellig, nahbar und einladend sein. Influencer, Rezeptinspirationen und gezielte Kooperationen schaffen neue Touchpoints.

Wie kann der Handel am PoS für mehr Sichtbarkeit in Sachen Vegan/Vegetarisch sorgen?
2023 haben wir eine sehr umfangreiche POS- und Shopper-Studie durchgeführt. Die Ergebnisse haben uns klar gezeigt: Der Shopper wünscht sich grundsätzlich ein übergeordnetes Regal für vegetarische und vegane Produkte insgesamt – sprich, so, dass alle relevanten kühlpflichtigen veganen und vegetarischen Produkte gemeinsam platziert und so von den Shoppern leichter gefunden werden können. Innerhalb dieses Regals sollten die einzelnen Warengruppen dann aber wiederum sinnvoll voneinander getrennt werden. Unsere Empfehlung ist, die veganen und vegetarischen Fleisch- und Wurstalternativen als Profilierungskategorie mit hoher Kauffrequenz an erster Stelle zu positionieren. Bekannte und erfolgreiche Marken wie die Rügenwalder Mühle sind hierbei ein Anker und Orientierung für die Shopper, sodass diese ebenfalls gut sichtbar positioniert werden sollten. (Rügenwalder Mühle)

Die Ansicht von Greenforce: Eine klare Platzierung ist entscheidend: Eigene Regale oder gut sichtbare Bereiche für pflanzliche Produkte helfen, Verwechslungen zu vermeiden und die Kategorie hervorzuheben. Im Verhältnis zum Gesamtsortiment wird im Handel schon viel Platz für alternative Ernährung zur Verfügung gestellt.

Zusätzliche Maßnahmen wie POS-Materialien, Preisaktionen oder Verkostungen können die Aufmerksamkeit erhöhen und die Kaufbereitschaft steigern. Zusätzlich profitiert der Handel hier auch von der Platzierung sympathischer Marken mit hohem Bekanntheitsgrat, die Konsument:innen als Erst- oder Wiederkäufer in die Kategorie bringen.

Speziell für die Platzierung von Milchalternativen rät Roland Griesebner, General Manager Oatly DACH & Polen: Für Konsument*innen ist eine rasche und einfache Orientierung ausschlaggebend und lässt sich zum Beispiel durch die Bildung von Markenblöcken erreichen. Innerhalb dieser Blöcke kann zusätzlich das Segment strukturiert werden, indem man beispielsweise alle ‚Barista‘-Produkte beieinander platziert. Das marktführende Produkt bzw. die Ankermarke sollte auf Augenhöhe platziert werden, da Shopper*innen davon unmittelbar auf die zugehörige Kategorie der Pflanzendrinks, welche von vielen Neu-Lancierungen geprägt ist, schließen. Zusätzliche Aufmerksamkeit schaffen auch Werbemittel wie Regalstreifen, mit welchen man den Markenblock noch mehr hervorhebt. Bei Aktionen empfehlen wir zudem eine Zweitplatzierung.

 

Was erwarten Käufer von den Produkten? 

Dazu Timo Recker, Gründer und CEO von Tindle:
Wir beobachten, dass Themen wie Geschmack, Textur und Transparenz bei den Zutaten den Konsumenten am wichtigsten sind. Sie möchten pflanzliche Produkte, die nicht wie ein Kompromiss schmecken, sondern echten Genuss bieten. Spannend ist auch ein regelrechter Hype um High-Protein-Produkte im Markt – vom Fitnessbereich bis hin zur Alltagsküche. Pflanzliche Alternativen müssen heute nicht nur gut schmecken, sondern auch ernährungsphysiologisch überzeugen. Genau deshalb war für uns sogar der Begriff Proteinsteaks im Gespräch, als wir unsere neuen Hähnchenprodukte entwickelt haben.

In welchen Produktkategorien gibt es noch Wachstumspotenziale?
Die Segmente, die aktuell innerhalb des Markts der veganen und vegetarischen Alternativen deutlich wachsen, sind die Bereiche Aufschnitt und Pfannenprodukte („Warme Küche“). Daher sehen wir in diesen Bereichen auch das größte Wachstumspotential. Für Wachstumspotentiale muss sich die gesamte Kategorie an die veränderten Ernährungsgewohnheiten in der Gesellschaft anpassen. Die klassischen drei Mahlzeiten finden insbesondere bei den Jüngeren, aber auch im Arbeitsalltag so vermehrt nicht mehr statt. Die Zeit der Mahlzeit richtet sich nun vielmehr nach dem Tagesablauf und nicht mehr – wie früher oder noch in der älteren Generation – umgekehrt. Das bedeutet, dass vor allem Snacking eine zunehmend wichtigere Rolle spielt, aber auch Zwischenmahlzeiten und moderne Rezepturen, die sich schnell und unkompliziert umsetzen lassen, immer wichtiger werden. (Rügenwalder Mühle)

Besonders im Bereich der Ready-to-Cook- und Ready-to-Eat-Produkte sehen wir großes Potenzial. Verbraucher suchen nach schnellen, aber dennoch hochwertigen Mahlzeiten. Auch klassische Kategorien wie Bratwürste, die wir mit unserer neuen Linie neu interpretieren, bieten Chancen, traditionelle Essgewohnheiten pflanzlich neu zu denken. (Tindle)

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