Artikel

Jackpot Warenkunde: Öl – Entscheidend ist das Säuremuster

Corona hat auch den Verbrauch von Speiseöl in Deutschland gesteigert. Die wichtigen Fragen nach den für den Menschen wertvollen Substanzen im Öl stellte die RUNDSCHAU Ernährungscoach Eva-Maria vom Bruch.

Von Martina Kausch | Fotos: Adobe Stock/ Angel Simon; Luis Carlos Jiménez; oxie99

Jeder Verbraucher hat Speiseöle im Haus, laut Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) zu Pandemiezeiten mehr als vor Corona. Doch welche sind ernährungsphysiologisch wertvoll, woran erkennt sie der Verbraucher, und was muss der Händler beachten, wenn er sie im Regal platziert?

Zu diesen Fragen hat Eva-Maria vom Bruch viel zu sagen. Die Ernährungswissenschaftlerin ist als Coach in Unternehmen tätig, um die Kantinenverpflegung zu optimieren, und  stellt fest, dass das Wissen über die Öle im Essen bei Konsumenten und im Handel noch ausbaufähig ist.

Das ist kein Wunder, denn spricht man über Öle, spricht man bald über Chemie und zugegebenermaßen komplizierte Prozesse im Körper, in Zellen, bei Stoffwechselprozessen. Trotzdem gibt es Basics, und die kann die 48-Jährige in professioneller Klarheit formulieren. Als Erstes unterscheide man, woraus die Öle hergestellt würden. Sie werden entweder aus Fruchtfleisch gewonnen, wie das bei Olivenöl oder Palmöl der Fall ist, oder aus Kernen beziehungsweise Samen. Rapsöl, Kürbiskernöl oder Leinöl gehören zur letzteren Kategorie. 

Prozesse im Körper unterstützen

Warum sind diese Substanzen für den menschlichen Organismus wichtig? „Keine dieser mehrfach ungesättigten Strukturen kann der Körper selbst bilden. Er braucht sie aber, um noch längerkettige Fettsäuren zu bilden, beispielsweise als  Bestandteil der Zellmembran.“ Mit anderen Worten: Das richtige Verhältnis der n3- zu n6-Fettsäure im Speiselöl, und zwar 5:1, ist für das Herz-Kreislauf-System und den Schutz der Zellen wichtig.

Eine zweite wichtige Baustelle beschreibt vom Bruch: Eikosanoide „Es sind Gewebshormone, die an Entzündungsprozessen im Körper beteiligt sind. Wichtig und ein bisschen tricky ist, dass das Verhältnis zwischen den verschiedenen ungesättigten Fettsäuren stimmen muss, um wirklich positive Ergebnisse zu erzielen. Bei gutem Verhältnis haben die Gewebshormone positive Einflüsse auf verschiedenste Abläufe im Organismus, von Entzündungen bis auf die Gehirnleistung.

Diese Öle müssen sein

Welche Öle sind nun für die ausgewogene Ernährung unbestritten günstig? „Rapsöl, Hanföl und Leinöl haben das für den Organismus günstigste Verhältnis im Fettsäuremuster“, sagt Eva-Maria vom Bruch und zitiert aus aktuellen Studien, aufgrund derer die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sogar evidenzbasierte Leitlinien für die Fettzufuhr und Prävention ausgewählter ernährungsbedingter Krankheiten entwickelt hat. Diese Öle haben den Studien zufolge einen positiven Einfluss auf Leberwerte, schützen die Gefäße, senken den Blutdruck und beugen den hierzulande weit verbreiteten Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor.

Allerdings sind nicht alle drei dieser Öle mit günstigem Fettsäuremuster gleich „pflegeleicht“, wenn es um Haltbarkeit und damit Lagerfähigkeit geht. Leinöl hat einen sehr besonderen Geschmack, ist aber empfindlich.  Es ist besonders schnell von Autoxidation gefährdet, das heißt, unter Sauerstoffeinfluss verdirbt Leinöl schneller als andere Öle. „Sinnvollerweise muss es also in kleinen Flaschen erhältlich sein, dunkle Flaschen schützen vor Sonneneinstrahlung.“ Hanföl ist für die Ernährung ebenfalls sinnvoll, es hat ein günstiges Fettsäureverhältnis. Vom Bruchs Empfehlung für die tägliche Ernährung ist eindeutig: „Rapsöl darf in keinem Haushalt fehlen, es ist das absolute Basisöl.“

Gute Idee: regionale Ölmühlen

Leinöl und Hanföl können nur durch Kaltpressung hergestellt werden. „Je frischer ein Öl ist, desto stabiler sind die chemischen Strukturen, die das Öl für den Körper wertvoll machen“, weiß Eva-Maria vom Bruch. Am besten sei es also, Öle dort zu kaufen, wo sie nicht lange im Regal stehen – oder gleich aus einer  Ölmühle. Regionale Ölbauern seien hier eine ebenso gute Idee, wie wenn Händler bei Obst, Gemüse und Eiern an kurze Wege denken.

besser verkaufen: Infos am Regal helfen bei der Orientierung

Viel Information sei wichtig, um dem Kunden je nach Verwendungszweck das auch wirklich passende Öl anzubieten, so Eva-Maria vom Bruch. Da reiche die meist übliche Regalbezeichnung „Speiseöle“ streng genommen nicht. Warum nicht unter den oft schönen und aufwendig gestalteten Flaschen Tipps geben, wofür das jeweilige Öl einsetzbar ist? Etwa Olivenöl als Klassiker der mediterranen Küche für Salate oder Antipasti.

Dunkle Flaschen können Hinweise auf die Haltbarkeit geben: Das Öl wird so vor Sonnenlicht geschützt, denn Oxidation beeinflusst Haltbarkeit und Geschmack. Raffinierte Öle gibt es in durchsichtigen Flaschen.

Hardfacts Öle

 

Olivenöl

ist wichtiger Bestandteil der mediterranen Küche. Je nach Art der Pressung (des Fruchtfleisches) sind die Bezeichnungen Natives Olivenöl extra, Natives Olivenöl, Olivenöl (bestehend aus raffinierten Olivenölen und nativen Olivenölen)sowie Oliventresteröl in der EU zugelassen.

Sonnenblumenöl

aus Samen der Sonnenblume hat einen hohen Vitamin-E-Gehalt, dieses Vitamin kommt allerdings auch in vielen Gemüsen vor, Es ist also nicht unbedingt nötig, es dem Körper durch Öl zuzuführen. Sonnenblumenöl ist gut haltbar und vielseitig einsetzbar.

Kürbiskernöl

wird aus den Kernen von Kürbissen gepresst, hat eine intensive dunkelgrün- braune Farbe und einen chrakteristisch nussigen Geschmack. Aus rund zweieinhalb Kilogramm Kernen lässt sich ein Liter Öl gewinnen. Dass dieses meist in traditionellen Ölmühlen hergestellt wird, macht es selten und teuer.

Leinsamenöl

(Leinöl) wird aus Leinsamen, den reifen Samen der Flachspflanze (Öllein, bot. Linum usitatissimum) gepresst. Es enthält so viel Alpha-Linolensäure wie kaum ein anderes Pflanzenöl. Kaltgepresstes Leinöl kann bis zu 70 Prozent von dieser dreifach ungesättigten Omega-3-Fettsäure enthalten.

Weitere interessante Warkenkunden wie Reis, Kakao oder Schaumwein finden Sie in unserem E-Paper.

Artikel teilen

Gut informiert durch die Krise