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ForscherAuftritt Florian Klaus: Sei die kuratierende Instanz!

In Zeiten eines angespannten Konsumklimas und schlechter Umsätze verordnet sich der letzte Warenhausriese Galeria eine erneute Schrumpfkur. Doch ob das zur Rettung reichen wird, ist für Florian Klaus mehr als zweifelhaft.

Florian Klaus; Foto: Andreas Thomaier Fotohandwerk
Von Alexander Thürer | Fotos: Andreas Thomaier Fotohandwerk

Das Konzept Warenhaus wirkt oftmals völlig aus der Zeit gefallen. Warum tut sich Galeria so schwer, sich modern und ansprechend aufzustellen?
Es gab mal eine Zeit, als Warenhäuser eine Art Verlängerung von Kolonialwarenhäusern waren, wo man sich unabhängig vom Geldbeutel die schillernde Welt des Konsums in allen Facetten anschauen konnte und Dinge bekam, die man sonst nirgends fand. Ausnahmehäuser wie KDW werden sicher in Zukunft auch nicht totzukriegen sein. Aber für ein Konzept wie Galeria gibt es mittlerweile einfach zu viele weitaus zielgerichtetere Alternativen. Gerade im Vergleich zum E-Commerce kann das Versprechen, in unterschiedlichste Kategorien eintauchen und etwas entdecken zu können, nicht mehr eingelöst werden, da diese Sortimentstiefe auf der Fläche nicht abbildbar ist. Das bedeutet: Es fehlt das verführende Element. Zudem sind wir heute sehr auf effizientes Einkaufen getrimmt. Und das findet man bei Galeria nicht mehr. 

Eigentlich paradox, denn gerade in der Pandemie ist das One-Stop-Shopping sehr populär geworden – also im Prinzip genau das, was Galeria schon immer bieten wollte ...
Das stimmt schon, aber man findet in vielen Städten heute eben Shopping-Arkaden, die das besser machen und oftmals auch erfolgreich sind. Der Unterschied ist: Dort finde ich als Kunde eine Auswahl von aktuellen Stores oder Absendern, denen ich eine gute Vorauswahl zutraue. Weil sie modern und Spezialisten sind. H&M, Zara, Douglas, ein Florist, Dunkin’ Donuts. Bei Galeria kuratiert eben alles Galeria für mich, doch es fehlt den Kunden offenbar das Gefühl, dass hier auch die Kompetenz dafür vorhanden ist. In den Läden finden wir oftmals noch die gleiche Einrichtung, die gleichen knarzenden Rolltreppen wie in den 80ern. Dieser in die Jahre gekommenen Autorität nimmt man die Fähigkeit zum Kuratieren einfach nicht mehr ab.

Könnte das auch für den LEH das entscheidende Learning aus dem Galeria-Niedergang sein: Tritt immer als glaubwürdiger Kurator deines Sortimentes auf?
Sicherlich, aber das macht der LEH ja bereits. Das sieht man beispielsweise an den vielen, zueinander abgestuften Eigenmarkenkonzepten. Aber du brauchst auch im LEH externe, kuratierende Instanzen, also starke Marken. Da wird es eher darum gehen, wie der Handel diese Instanzen organisiert, in der Sichtbarkeit auf der Fläche, mit Aufstellern oder Shop-in-Shop-Lösungen. Am Ende ist es aber richtig, dass der Handel diese kuratierenden Faktoren mitnehmen und aktuell halten muss. 

Mit dem Niedergang von Galeria bricht auch ein alter Begegnungsort von Kunde und Marke weg. Welche Rolle hat das Warenhaus hier überhaupt noch gespielt? Immerhin ist auch der Ort des Kaufs wichtig für das Image einer Marke ...
Das wäre eben der Job gewesen, der Marke eine attraktive Bühne zu bieten. Denn eines hat sich gezeigt: Marken kann man über spitze Kanäle wie Social Media eben nur sehr bedingt aufbauen, denn Marken werden nur dann gekauft, wenn sie für etwas stehen. Dafür müssen sie aber Allgemeingut sein, also dort präsent sein, wo viele Menschen sie wahrnehmen können. Aber die Bühne, der Ort des Wahrnehmens, muss passen, und das hat Galeria zuletzt nicht mehr hinbekommen. Mit einem Shopping-Trip zu Galeria konntest du niemanden mehr beeindrucken. Im Gegenteil war es fast so, dass, wenn ein Produkt bei Galeria stand, es wahrscheinlich nicht mehr wirklich hip war.

Wie könnte die Brand-Building-Plattform von morgen aussehen?
Was nach wie vor und auch in Zukunft funktionieren wird, ist TV, trotz aller Streamingdienste. Du bekommst Emotion in der Breite nirgendwo besser hin. Was ebenfalls kommen wird: digitales Out-of-Home, also die digitale Plakat-Ecke. Erst danach kommen Aktionen am PoS.


ZUR PERSON

Florian Klaus ist Markenpsychologe bei K&A Brand Research. www.ka-brandresearch.com


 

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