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Was leisten Kuhmilch und Milchalternativen?

Was leisten Kuhmilch und Milchalternativen für eine ausgewogene Ernährung? Die Ökotrophologin und Buchautorin Katrin Kleinesper analysiert genau und erläutert die Vor- und Nachteile von Kuhmilch und den Alternativen im Regal aus ernährungsphysiologischer Sicht.

Von Martina Kausch | Fotos: Adobe Stock/MP_Studio, Anuga

Wie stehen Sie aus ernährungsphysiologischer Sicht zur Kuhmilch und zu Milchalternativen?
Als Ernährungswissenschaftlerin schaue ich mir die Produkte in Bezug auf die Nährstoffe an. Täglich ein Glas Milch braucht der Mann – so war der Spruch früher. Hier hat sich viel geändert, aber die pflanzlichen Alternativen liefern nicht die Nährstoffe, die eben Kuhmilch liefert, ob das nun Eiweiß ist oder Kalzium oder andere. Vitamin B12 zum Beispiel ist grundsätzlich nur in tierischen Lebensmitteln enthalten, nicht in den pflanzlichen Alternativprodukten.


"Über Zusatzstoffe kann sich der
Konsument nur informieren, wenn er auf die Zutatenliste, nicht auf die Nährwerttabelle schaut."

Katrin Kleinesper, Ökotrophologin


Das klingt nach reichlich Nährstoffen in der Kuhmilch?
Ja, alle sind für den Organsimus wichtig. Kalzium, Protein, also Eiweiß, und Vitamin B12 sowie Vitamin D sind in der Milch enthalten, und zwar gerade, wenn sie fetthaltig ist. Vitamin D ist ein fettlösliches Vitamin, wer also fettarme Milch trinkt, nimmt damit weniger zu sich. Die einzige Milchalternative, die bei dieser Nährstoffkonzentration im Vergleich zu Kuhmilch einigermaßen mitkommt, ist Sojamilch.

Was zeichnet Sojamilch aus?
Sie hat vergleichbar viel Eiweiß. Ich habe in meinem ersten Buch eine Vergleichtstabelle erstellt. In Bezug auf 200 Milliliter, also auf ein Glas Milch sozusagen, sieht man deutliche Unterschiede im Eiweißgehalt:  Tatsächlich hat Milch mit 3,5 Prozent oder 1,5 Prozent Fett 6,8 Gramm Eiweiß pro 200 Milliliter, Sojadrink enthält 6,6 Gramm, Soja-Reis-Drink bereits nur 4 Gramm, Kokosmilch 3,6 Gramm, Haferdrink 1,2 Gramm, Mandeldrink 0,8 Gramm, Kokosnussdrink 0,2 Gramm Eiweiß.

Was bedeutetet das?
Bei Milchalternativen hört es mit dem Eiweiß relativ früh auf, über Kalzium brauchen wir gar nicht zu sprechen, und Vitamin B12 ist in den pflanzlichen Alternativen eben gar nicht enthalten. Positiv sind in den pflanzlichen Alternativen natürlich die ungesättigten Fettsäuren, also die pflanzlichen Fette. Speziell in Sojadrinks ist auch ein gewisser Anteil an Omega-3-Fettsäure enthalten. Das zum Thema Eiweiß und Fette. Bei den pflanzlichen Alternativen werden Kalzium, Vitamin B12 und Vitamin D von den Herstellern teilweise zugesetzt.

Welche Vorteile haben pflanzliche Milchalternativen in der Ernährung?
Vorteile haben pflanzlichen Alternativen bei Laktoseintoleranz, Milcheiweißintoleranz oder anderen Allergien. Ein Nachteil kann dagegen sein, dass in den pflanzlichen Alternativen häufig viele Zusatzstoffe enthalten sind. Das reicht von Stabilisatoren über Emulgatoren bis zu Süßstoffen, gegebenenfalls auch Zucker, die Drinks sollen ja auch lecker schmecken. Das weiß der Konsument aber nur, wenn er auf die Zutatenliste guckt.

Hier gibt die Zutatenliste Auskunft? Oder die Nährwerttabelle?
Ganz wichtig ist: Die Zutatenliste bitte nicht mit den Nährwertangaben verwechseln. Nährwertangaben weisen Kohlenhydrate, Eiweiß, Fette und neuerdings noch gesättigte Fettsäuren aus, außerdem Zucker und Salz, manchmal kommen auch noch Ballaststoffe dazu. Bei Milch oder Joghurt steht dann da „Kohlenhydrate, davon Zucker“, dann denken die meisten Leute, Zucker wurde zugesetzt. Aber das stimmt nicht, es ist bei Kuhmilchprodukten die natürliche Laktose, kein zugesetzter Zucker. Da muss man differenzieren, denn die unterschiedlichen Zucker werden im Körper verschieden verstoffwechselt.

Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit und der Klimabilanz aus?
Ich bin keine Agrarwissenschaftlerin. Es kommt sicher unter anderem auch auf die Haltung der Tiere und auf die Herkunft der Grundstoffe an. Hafer und Soja wachsen in Europa, oft sogar in der eigenen Region, und sie können dann in der Region verarbeitet werden. Bei Mandeln, Cashewnüssen und Reis gibt es teilweise lange Transportwege und während des Anbaus vielerorts einen Raubbau am Wasser.    


INFO

Pflanzen für Drinks – welche sind beliebt?

Von allen Grundsubstanzen zur Herstellung von in Deutschland 2021 verkauften Milchalternativen ist Hafer die beliebteste. Dem Forschungsinstitut GfK zufolge wurden 55, 9 Prozent der Alternativen aus Hafer hergestellt, 20 Prozent aus Soja. Mandel (13,3 %), Reis (5,6 %) und Kokos (2,4 %) haben deutlich geringeren Anteile. Auch Haselnuss, Cashew und Dinkel spielen mit 2,8 Prozent eine geringe Rolle für die Produktion von Milchalternativen.

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