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Store-Check Wasgau Kaiserslautern: Neben der Überholspur

Bereits den dritten Frischemarkt hat die Wasgau in Kaiserslautern eröffnet und stärkt damit ihre Präsenz. Das Gebäude erregt Aufsehen, auch mit der Erreichbarkeit punktet das Unternehmen. Im Markt entwickelt sich das Sortiment weiter.

Ende Oktober 2023 eröffnete die Wasgau in Kaiserslautern den dritten Standort. Mareike Scholl leitet den Markt, Koby Rothmann die Getränkeabteilung. Foto: Reiner Voß
Von Martina Kausch | Fotos: Reiner Voß/Agentur View

Der erste Eindruck ist gigantisch und so gar nicht das, was man von der Wasgau erwartet. Direkt neben der Mainzer Straße in Kaiserslautern zieht ein im oberen Bereich sehr futuristisch erscheinendes Gebäude die Blicke auf sich. Mit abgerundeten Ecken, senkrecht gegliederter vorgehängter Blechfassade zur Straße hin und der zum Parkplatz sich öffnenden Glasfassade ist ein echter Hingucker entstanden – Standort des neuen, dritten Wasgau-Markts der Stadt.

Holprige Planungsphase

In Kaiserslautern war das Projekt durchaus umstritten. Einerseits hatte es vor der Eröffnung keinen Vollsortimenter im Osten der Stadt gegeben, was dann wohl letztendlich auch die Realisierung des Gebäudekomplexes samt Supermarkt begünstigte. Andererseits hatte ein Citymanager während der Planungsphase geäußert, es gebe ein Überangebot an LEH-Handelsflächen in der Stadt. Vorangetrieben hatte die Planung der Kaiserslauterer Investor Hans Sachs.

Nun ist auf dem Gelände also diese Art von aufsehenerregender Architektur entstanden, mit der Sachs andernorts gerne unter anderem seine Hotels gestaltet. Die Zufahrt wird dem Konsumenten durch eine eigene Abbiegespur von der Ausfallstraße mit Überholspur her leicht gemacht. Den Zugang zum Markt im ersten Obergeschoss erfährt der automobile Besucher als ebenerdig, weil sich der Parkplatz auf Eingangshöhe befindet. Das Erdgeschoss hat er bei der Anfahrt über die Rampe hinter sich gelassen. Es gibt ein Parkdeck und eine Tiefgarage – keine Frage, dieser neue Wasgau-Standort ist ein Markt für Autofahrer und den großen Wocheneinkauf, per Fahrrad möchte man hier nicht unterwegs sein. Ein Vorteil ist der behindertengerechte Zugang. Ein Fitnesstudio und ein als Drive-in konzipierter Baumarkt sollen das Angebot vor Ort komplettieren. 

Praktisch und sauber

Nach der spektakulären Zufahrt erwartet man auch im Markt Bedeutendes, aber hier stellt sich bald eine gewisse Ernüchterung ein. Durchaus praktisch und schön gestaltet ist der Eingangsbereich, von hier aus kann man gleich in das Sitzcafé abbiegen, die Wasgau-Bäckerei versorgt sowohl die Café-Besucher als auch die Shopper. Bäckerei und Konditorei des Unternehmens sind weit über die Märkte hinaus bekannt, es gibt mittlerweile sogar einige Stand-alone-Cafés im Wasgau-Reich.

Die Leistungsfähigkeit und Vielfalt des Angebots sind allerdings im neuen Markt in Kaiserslautern besonders zu den Wochenenden zu finden. Dabei ist das Café sehr geschmackvoll eingerichtet. Das Farbkonzept in Hellgrau-Orange-Hellbraun transportiert einen modernen und trotzdem gemütlichen und einladenden Look, für Plätze innen und außen ist gesorgt.

Wasgaus Regionalkonzept

Der Marktrundgang beginnt mit der Obst- und Gemüseabteilung, die mit der bewährten 
Wasgau-Qualität punktet. Die vielen regionalen Lieferanten werden mit Porträts und Infos  zu den Produktionsbetrieben vorgestellt, das Wasgau-Grün an den Wänden und den Innenseiten der schwarzen Lampen wirkt in dieser Abteilung besonders stimmig. Ein kleines Topfpflanzensortiment sorgt für optische Auflockerung zwischen den Regalen.

Allerdings sind dies nahezu die einzigen Elemente, die eine überdurchschnittliche Einkaufsatmosphäre erzeugen. Sortimentsbezogene Dekorationen gibt es nicht, lediglich in der Weinabteilung vermitteln einige Fässer den Hauch von Exquisitem. Dabei haben gerade die Wein-, Schaumwein und Spirituosenabteilungen der Wasgau viel zu bieten und locken manchen Kunden überregional in die Märkte. Mit diesem Pfund könnte der Markt noch viel deutlicher wuchern.


"Vor allem, wenn man in einem guten Team arbeitet, kann man die Erfolge sehen."

Mareike Scholl, Marktleiterin


Überzeugende Thekenlösung

Geschickt wird der Kunde nach dem O&G-Bereich zu den Frischetheken an der Rückseite des Markts geführt. Hier überzeugt das Konzept der – man könnte sagen – Teiltransparenz. Gerne möchte man in neuen LEH-Märkten grundsätzlich zeigen, was hinter der Theke geschieht, andererseits fördern nicht alle Vorgänge stets das Verständnis auf Kundenseite. Im neuen Wasgau in Kaiserslautern hat man eine überzeugende Lösung entwickelt. Der Verarbeitungsbereich ist optimal einsichtig, allerdings schirmt ein halbhoher Tresen in Kacheloptik den Blick auf einige Arbeitsbereiche ab. Immer aber können Kunden und Mitarbeitende Blickkontakt halten.

Wasgau, der Bio-Pionier

Das Angebot umfasst das klassische Wasgau-Sortiment samt regionalen Spezialitäten und einem breiten Biofleisch-Angebot. Gar nicht oft genug zu betonen ist, dass die Wasgau-Metzgerei seit zwei Jahrzehnten Rind- und Kalbfleisch ausschließlich aus Deutschland anbietet und mit dem Gut Borken in Mecklenburg-Vorpommern einen Bio-Betrieb als Fleischerzeuger gewonnen hat.

Auf der Rückwand der Abteilung zeigt ein großer Monitor Informationen über das Handelsunternehmen Wasgau und die aktuellen Promotionen. Eine besonders gute Idee ist, das auf der hinteren Wand aufgezeichnete Profil eines Rindes dazu zu nutzen, Interessierten die einzelnen Steak-Varianten wie Ribeye, Roastbeef, Kotelett, T-Bone, Porterhouse und Filet zu zeigen.

Die Orientierung fällt auch deswegen im Markt leicht, weil die anthrazitfarbenen Sortimentsschilder auf Holzhintergrund gut lesbar sind und an den Regalen von noch detaillierterer Beschriftung ergänzt werden.

Gute Orientierung 

Bei den Molkereiprodukten findet man so auf den ersten Blick Weichkäse, Frischkäse, Scheibenkäse – diese Unterteilung hilft dem Kunden eindeutig. Vielerorts sorgen besondere Zweitplatzierungsideen für eine schöne Optik – beispielsweise die Kräckergalerie über einer SB-Truhe. Andererseits hat man im Markt immer wieder das Gefühl, die Aufsteller mit Zweitplatzierung seien einfach dort hingebaut, wo noch Platz ist – inhaltliche Idee dazu: Fehlanzeige. Dies ist die andere Seite des großen Flächenangebots und der breiten Gänge, sie verleiten dazu, sie einfach zuzustellen.

Und noch etwas fällt auf. Die Wasgau positioniert sich gerne als Handelsgesellschaft mit Heimatgefühl. So gestaltet man die Märkte oft mit Blick auf das Besondere vor Ort, knüpft an lokale Traditionen an, gestaltet Obst- und Sortimentsschilder teilweise sogar zweisprachig – auch im Dialekt. Der Markt in Pirmasens, im Herbst 2021 eröffnet, ist hier ein leuchtendes Beispiel, während in Kaiserslautern ein einsames Schild am Ein- beziehungsweise Ausgang auf den Namen der Stadt und damit auf den Standort hinweist. Schade.

Betrieb ohne fossile Brennstoffe

Bei dem Neubau an der Mainzer Straße konnte die Wasgau die Green-Building-Standards von der Entwicklungsphase an einbringen. Beleuchtet wird im Innen- und Außenbereich ausschließlich mit LED. Beim Innenausbau wurde viel Holz verwendet, der Einbau einer Wärmerückgewinnungsanlage führt dazu, dass keine fossilen Brennstoffe eingesetzt werden. Über eine Steuerung von Temperatur und Schaltzeiten lässt sich gleichzeitig der Energieverbrauch optimieren. Die modernen und energieeffizienten Kühlmöbel mit Glastüren und Schiebedeckeln für Frische- und TK-Produkte und die Klimaanlage entsprechen dem neuesten Stand der Technik.

Mittels Nutzung von Abwärme wird beispielsweise Wasser für Reinigungsanlagen erhitzt – etwa bei der Korbreinigungsanlage der Bäckerei mit der Hitze der Öfen. Eine hohe Energieeffizienz ist bei der Wasgau sowieso ein wichtiges Kriterium bei der Anschaffung neuerProduktionsmaschinen. In diesem neu gebauten Markt konnten die Planer noch viel besser aktuelle technische Möglichkeiten verwirklichen.

Echo im Netz: Die Rampe macht Sorge

Ohne das Echo der User im Netz überzubewerten, gibt es bei Kundenaussagen oft Hinweise auf Verbesserungswürdiges. Bei dem neuen Wasgau-Frischemarkt in Kaiserslautern ist es vor allem die steile schräge Auffahrtsrampe zum Parkplatz, die Kunden immer wieder negativ erwähnen – weil sie Autofahrern tatsächlich Sorge um sich und das Gefährt macht. Dass manche fürchten, nicht oder nur mit Unterbodenschaden durch Aufsetzen den Parkplatz zu erreichen, kann – besonders in einer alternden Gesellschaft – nicht im Sinn des Unternehmens sein.


INTERVIEW

Mareike Scholl, Marktleiterin Wasgau

Was ist Ihre Lieblingsabteilung?
Tatsächlich Obst und Gemüse. Das ist so vielfältig, weil man mit vielen Farben spielen und gestalten kann.

Sie sind eine junge Marktleiterin, aber mit viel Erfahrung im LEH?
Ja, ich bin seit zehn Jahren im LEH, und als man mir die Marktleitung angeboten hat, habe ich nicht gezögert.

Wie sind Sie zum Handel gekommen? 
Ich habe tatsächlich als Jobberin angefangen, als Schülerin. Dann habe ich ein Schülerpraktikum gemacht, in einem kleinen Wasgau-Markt mit 450 Quadratmetern Verkaufsfläche. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich die dreijährige Ausbildung begonnen habe. In einem kleinen Markt muss man sich um alles kümmern, das ist oft stressig. Hier in einem größeren Markt mit mehr Mitarbeitern geht es entspannter zu.

Was finden Sie an dem Beruf besonders motivierend?
Mir macht fast alles Spaß. Vor allem, wenn man in einem guten Team arbeitet, kann man die Erfolge sehen. Auch die Mitarbeiterführung mache ich gern.


MARKTDATEN

Wasgau Frischemarkt Kaiserslautern

Adresse: Mainzer Straße 5, 67657 Kaiserslautern
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 8 bis 21 Uhr
Eröffnung: 24. Oktober 2023
Verkaufsfläche: 1.300 m²
Zahl der Produkte: rund 23.500
Zahl der Bioprodukte: rund 1.050
Zahl der Mitarbeiter: 26
Zahl der Parkplätze: 127, keine E-Ladestation
Besonderheiten: Café mit 40 Innen- und 20 Außensitzplätzen, freies WLAN im Marktbereich

Impressionen aus dem Markt

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