Die Ergebnisse des POS-Marketing-Reports 2023, den die RUNDSCHAU zusammen mit UGW und POSPulse erstellt hat, zeichnen ein vielschichtiges Bild der derzeitigen Situation im Handel. Zum einen haben die Preissteigerungen für Verwerfungen gesorgt, die sich vor allem in einem spürbar disziplinierteren Einkaufen der Kunden auswirken, die es zudem häufiger in die Discounter zieht.
Das noch zu Corona gelebte „Ich gönne mir heute was“ hat spürbar nachgelassen. Damit zusammen hängen auch die Umsatzgewinne vieler Handelsmarken, gerade gegenüber etablierten Markenartikeln, die hierdurch zunehmend unter Druck geraten. Grund hierfür ist jedoch nicht allein der Preisvorteil der Eigenmarke. Auch deren Look und Marketing werden immer weiter professionalisiert.
"Kunden werden immer mehr zu hybriden Shoppern, die auch digitale Angebote nutzen."
Heike Berghoff, Shopper Marketing, Essity
Zu den Ergebnissen des Reports zum veränderten Shopperverhalten passt auch eine weitere Erkenntnis: Mehrwertaktionen wie Aktionspreise, Sondergrößen, Proben, Bundles oder Multibuy stehen bei den Kunden jetzt besonders hoch im Kurs. Das bedeutet jedoch nicht, dass man sich nun als Händler in bedingungslose Rabattschlachten stürzen muss. Das Einkaufserlebnis ist nach wie vor wichtig, denn die Kunden haben nach wie vor hohe Erwartungen an die Inszenierung am PoS.
Genau hier wird Brand Building daher immer wichtiger, um emotionale Kaufimpulse zu setzen.Im gleichen Zug gewinnt die digitale Kommunikation von Marken und Händlern am PoS immer stärker an Bedeutung. Und über dieser veränderten Großwetterlage schwebt nach wie vor das omnipräsente Thema der Nachhaltigkeit, das für Kunden am PoS ein relevantes Thema bleibt – auch wenn einem Gros der Shopper derzeit ein günstiger Preis für die Kaufentscheidung wichtiger ist.
Strategien gegen Kaufzurückhaltung
Die erste Frage an die Expertenrunde lautete daher auch: Wie können Handel und Industrie der gestiegenen Kaufzurückhaltung der Kunden begegnen, welche Strategien braucht es hierfür nun am PoS?
Ein wichtiger Faktor, so die Experten, sei die Emotionalisierung der Verkaufsflächen, etwa durch Sonderaufbauten, bei denen nicht einfach nur der günstigste Peis ausgestellt werde, denn mit Preiseinstiegsware verführe man den Kunden nicht dazu, mehr zu kaufen, als er auf dem Zettel habe. Es gehe darum, den Kunden mit schönen Dingen zum Kaufen zu animieren, das Besondere anzubieten. Entscheidend sei es, die Aufenthaltsqualität so hoch wie möglich zu halten.
Klar ist aber auch: Das Marketing am PoS hat sich seit Corona und der daran anschließenden Ukrainekrise für viele Marken grundlegend verändert. Waren zuvor beispielsweise klassische On-Pack-Aktionen sehr beliebt, sei das nun schon aus Kostengründen nur schwer umsetzbar, da Preise für Zusatzverpackungen oder Glas enorm gestiegen seien. Eine Lösung, die Marken hier gehen können: den Kunden zum Beispiel über Live-Events direkt abholen. Hier können beispielsweise Festivaltickets über das Produkt verlost werden – und das sogar in Abhängigkeit von der jeweiligen Marke nur in bestimmten Regionen. Aus „Social-Media-Marketing“ werde nun häufig „Social-to-Retail-Marketing“.
Produktseitig werde es zudem immer wichtiger, den Nutzervorteil (Value for Money) herauszustellen und mit Verwendungs- oder Konsumanlässen zu spielen. Das kann auch saisonal angepasst werden. Erfolgreich seien auch Couponig-Aktionen oder Gewinnspiele.
"Marken geben Kunden sicherlich einen Haltepunkt, aber mittlerweile gilt das auch immer mehr für die Eigenmarken."
Frank Ebrecht, Geschäftsführer Edeka Niemerzsein, Hamburg